Wird Andersartigkeit belohnt oder bestraft? Wie entstehen Managementmoden? Und wie zur Hölle (um mal beim Teufel zu bleiben) soll man das messen können? Fragen über Fragen. Hier kommen Antworten!
Es gibt viel Forschung dazu, wie und warum Andersartigkeit in allen möglichen Kontexten, darunter die Wirtschaft, hart bestraft wird. Der Mechanismus, den ich am faszinierendsten daran finde, nennt sich im Englischen „scapegoating“. Zu Deutsch: „sündenbocken“. Das bedeutet inhaltlich, dass bei Fehlern „die Schuld“ auf eine einzelne Person gekippt wird – als entlastende Funktion quasi, damit der Zusammenhalt der Gruppe bestehen bleibt.
„Neun von zehn Menschen finden Mobbing unproblematisch“ – ihr kennt den Witz vielleicht. Und die Zuweisung dieser Schuld folgt dem Muster, dass für die Gruppe typische Menschen eher durch externe Erklärungen in Schutz genommen werden und für die Gruppe untypische Menschen eher den schwarzen Peter bekommen.
Die moderne Psychologie nennt das eine „externale [internale] Attribution bei [nicht vorhandener] Prototypikalität“. Das klingt jetzt total abstrakt, hat aber sehr konkrete Auswirkungen. Frauen in Führungspositionen sind beispielsweise noch nicht die Regel. Entsprechend werden diesen Frauen systematisch mehr Fehler persönlich angekreidet, wo bei Männern ungünstige Umstände oder schlicht Pech wahrgenommen werden.
In der Kunst herrschen offensichtlich ganz ähnliche Verhältnisse. Und noch mehr. In einer megacoolen Studie hat ein amerikanisches Team 153 Künstler:innen aus der besonders wichtigen Zeit von 1905 bis 1916 analysiert. Damals flossen diverse Epochen ineinander: Post-Impressionismus, Symbolismus, Jugendstil, Expressionismus, Kubismus, Dadaismus, Futurismus. Wow. Eine perfekte Zeit, um Konformität oder Abweichung in dreierlei Hinsicht zu demonstrieren: von seinem früheren Selbst, von früheren Mitstreiter:innen und von aktuellen Strömungen. Das Subjekt der Analysen waren die entstandenen Bilder. Mittels KI wurden Muster identifiziert, welche Übereinstimmung oder eben Abweichung von zentralen Referenzpunkten quantifizieren können.
Was zeigt sich? Na ja, die Antworten auf die obigen drei Fragen.
Rob Briner
Wie gesagt: Bisschen weit hergeholt vielleicht. Aber die Methoden in Kombination mit der Botschaft fand ich wirklich sehr lustig und erhellend. Oder was meint ihr? Managementquark oder taugt’s euch?
Banerjee, M., Cole, B. M., & Ingram, P. (2023). “Distinctive from What? And for Whom?” Deep Learning-Based Product Distinctiveness, Social Structure, and Third-Party Certifications. Academy of Management Journal, 66(4), 1016-1041. https://journals.aom.org/doi/abs/10.5465/amj.2021.0175
Bildquelle: https://unsplash.com/de/fotos/braune-und-weisse-hirsche-auf-braunem-grasfeld-tagsuber-FGYgDfL6Vxg